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Die Medizinische Physik trifft sich in Aachen: Spitzentechnologie und Spitzenforscher auf interdisziplinärer Tagung im Eurogress 

Vom 21. – 24. September 2022 stellen auf der 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP) in Aachen namhafte Expertinnen und Experten neueste Forschungsergebnisse und Spitzentechnologien auf dem dynamisch wachsenden Gebiet der Medizinischen Physik vor. Im Vorfeld der Gemeinschaftstagung mit der Deutschen Sektion der International Society for Magnetic Resonance in Medicine (DS-ISMRM) erläutern die und Dipl.-Phys. Eric Beckers, Gamma Knife Zentrum Krefeld, sowie der Kongresspräsident der DS-ISMRM, Prof. Dr.-Ing. Andreas Bitz, FH Aachen – University of Applied Sciences, im Interview Schwerpunkte und was Medizinische Physik mit Klimaschutz gemeinsam hat. 

News - Foto Dr. Ing. Uwe Heinrichs
Kongresspräsidenten der DGMP, Dr.-Ing. Uwe Heinrichs, Uniklinik RWTH Aachen

Die anstehende Gemeinschaftstagung aus DGMP und DS-ISMRM gibt einen aktuellen Überblick über neueste Forschungsergebnisse auf dem breiten Gebiet der Medizinischen Physik, deren Auswirkungen und Anwendungen. Welche besonderen Akzente und Schwerpunkte haben Sie gesetzt? 

Uwe Heinrichs, Eric Beckers, Andreas Bitz: Die vergangenen zwei Jahre haben uns gezeigt, wie verwundbar die Menschheit sein kann. Ein winzig kleiner Virus hat auf einmal alles verändert. Besonders die für alle selbstverständliche Freiheit und die alltägliche Möglichkeit, sich mit Menschen zu treffen, wurde oft und lange sehr eingeschränkt und unterbunden. Langsam, ganz langsam kehren wir zu dem zurück, was wir vor 3 Jahren als vollkommen normal angesehen haben. Vieles ist in den letzten 3 Jahren auf der Strecke geblieben und trotzdem konnte die jährliche DGMP-Konferenz 2020 in Leipzig und 2021 in Wien als digitale Veranstaltung stattfinden. An dieser Stelle möchten wir allen Beteiligten nochmals unseren Dank, unsere Anerkennung und unseren Respekt dafür aussprechen, dass sie diese digitalen Konferenzen in diesen schweren Zeiten so erfolgreich umgesetzt haben. Trotz aller Perfektion und Interessantheit der beiden Konferenzen haben wir auch immer das weinende Auge besonders der Kongresspräsidenten gesehen, welches die persönlichen Gespräche, das persönliche Treffen, den Austausch am Rande, das Scherzen und miteinander Zeitverbringen vermisste. Deshalb lag unser Fokus von Anfang an allein darauf, endlich wieder eine Präsenzkonferenz zu veranstalten. Wir wollen uns wieder treffen, miteinander reden, lachen, essen und trinken. Wissenschaft funktioniert auch digital, das haben wir gesehen, aber das Analoge ist es, was die Bits und Bytes zusammenhält. Und zu diesem Zweck haben wir uns für die Postersession etwas Besonderes einfallen lassen, um das Miteinander auch richtig genießen zu können. Ok, wir sind ehrlich, die Idee haben wir aus der Konferenz in Marburg übernommen, lieben Dank, Herr Zink und Herr Fiebich. Aber mehr wird noch nicht verraten.

News - Foto Prof. Dr. Ing. Andreas Bitz
Kongresspräsident der DS-ISMRM, Prof. Dr.-Ing. Andreas Bitz, FH Aachen – University of Applied Sciences

„DGMP goes Green“ – auf dieser Initiative liegt ein besonderer Akzent des diesjährigen Jahreskongresses. Welchen Stellenwert hat der Klimaschutz in der Medizinischen Physik? 

Eric Beckers:  Die DGMP beschäftigt sich im Rahmen einer eigenen Arbeitsgruppe ausgiebig mit dem Thema Klimaschutz und dem nötigen Bewusstsein. Wir haben versucht, so viele Punkte der Arbeitsgruppe umzusetzen wie möglich. Hier noch unseren besten Dank für diese wertvolle Unterstützung. 

Uwe Heinrichs:  Manchmal ist es einfach an der Zeit, mit Dingen zu beginnen. Die DGMP-eigene Arbeitsgruppe zu diesem Thema hatte dazu eine Handreichung formuliert. Da liegt es doch mehr als nahe, dass man dann auch mit der Umsetzung beginnt. Nicht alles lässt sich in der Praxis auch so umsetzen, wie man es sich in der Theorie vorgestellt hat. Deswegen betrachten wir es mal als einen iterativen Prozess. Luft nach oben gibt es immer. 

Andreas Bitz: Ergänzen möchte ich hier noch, dass sich dieses wichtige Thema während der Tagung in einer dedizierten Nachhaltigkeitssitzung wiederfindet, die unter anderem über die Tätigkeiten des Arbeitsausschusses „DGMP goes green“ und den Betrieb von Großgeräten informiert. Ich möchte zudem die Tagungsteilnehmer bitten, sich die vom Arbeitsausschuss erarbeitete Handreichung für eine nachhaltige Jahrestagung zu Herzen zu nehmen.-Diese Handreichung kann auf der Webseite der DGMP heruntergeladen werden. Dort findet sich auch die Information über das ausgewählte Projekt zur CO2-Kompensation.  

Individualisierte oder personalisierte Medizin erweitert das Wissen über die molekularen Prozesse des Lebens und versucht, dieses Wissen für Prävention, Diagnostik und Therapie nutzbar zu machen. Dazu kommen die dynamischen Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz. Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf das Gebiet der Medizinphysik? 

Uwe Heinrichs: Meiner Meinung nach wären all diese Entwicklungen, die Sie ansprechen, ohne die Medizinphysik gar nicht möglich gewesen, somit kann man auch nicht wirklich deren Auswirkungen auf die Medizinphysik benennen. All dies sind fortlaufende Prozesse und Entwicklungen, die sich teils gegenseitig bedingen und erzeugen. Wenn man bedenkt, dass es vor 130 Jahren noch kein Röntgenbild gab und man heute bereits versucht, gewissen Krankheiten auf molekularer Ebene zu Leibe zu rücken, dann hat sich in der Medizinphysik seit Conrad Wilhelm Röntgens Zeiten sehr viel getan. Lassen Sie uns nochmal 130 Jahre warten und stellen Sie uns die Frage dann erneut. Dann sehen wir wirklich, was sich in unseren Zeiten getan hat. 

News - Foto Dipl. Phys. Eric Beckers
Dipl.-Phys. Eric Beckers, Gamma Knife Zentrum Krefeld

Eric Beckers:  Gerade im Bereich der personalisierten Medizin erwarte ich große Entwicklungen, da immer deutlicher wird, wie individuell gestaltet die Krebstherapien sein müssen. Künstliche Intelligenz kann hierbei ein gutes Hilfsmittel sein, um mit der großen Menge an Daten umzugehen. 

Andreas Bitz: Eine Voraussetzung für individualisierte Medizin sind qualitativ hochwertige diagnostische Verfahren sowie präzise, für den Patienten schonende und spezialisierte Therapie-Optionen. Des Weiteren werden hervorragend ausgebildete Medizinphysiker, Ärzte und klinisches Personal benötigt. All dies sind die Hauptthemen und Ziele der Medizinischen Physik, die mehrfach in wissenschaftlichen Sitzungen und Kursen auf unserer gemeinsamen Tagung behandelt werden.  

Die Künstliche Intelligenz hat in wichtigen Bereichen der Medizinischen Physik schon großes Potential gezeigt, zum Beispiel in der Magnetresonanz-Tomographie, um die Bildgebung schneller und robuster gegen Bildartefakte zu machen oder aber auch, um MR-Sequenzen hinsichtlich gewünschter Bildkontraste zu optimieren. Für den Bereich der Magnetresonanz-Tomographie werden wir hierzu einige Vorträge nicht nur in der Plenarsitzung, sondern auch in der nachfolgenden wissenschaftlichen Sitzung haben.   

In welchen Bereichen erwarten die Teilnehmer besondere Impulse bei dieser gemeinsamen interdisziplinären Tagung? 

Uwe Heinrichs: Ich hoffe doch, dass die Teilnehmer vor allem aus einem Grund nach Aachen kommen, um sich dort von anderen Kolleg*innen persönliche Impulse für ihre Arbeiten und Forschungen zu holen. 

Eric Beckers:  Insbesondere die MRT Bildgebung ist in den letzten Jahren zu einem wesentlichen Punkt der Therapieplanung geworden. Ein breites Verständnis der Technik und deren Möglichkeiten ist also ein wichtiger Punkt. 

Andreas Bitz: Die Stärke der Medizinischen Physik und nicht zuletzt auch der Anreiz, auf diesem Gebiet zu arbeiten, begründet sich in ihrer Interdisziplinarität. Wie schon erwähnt, ist das Zusammenspiel mit der MR-Bildgebung in der Therapieplanung und der MR-geführten Strahlentherapie entscheidend für eine schonende und präzise Behandlung.  

Namhafte Wissenschaftler:Innen und Expert:Innen präsentieren auf der Jahrestagung ihre aktuellen Forschungen. Welche Vorträge sind in diesem Jahr besonders hervorzuheben? 

Uwe Heinrichs: Hervorzuheben sind aus meiner Sicht alle Teilnehmer*innen, die einen Beitrag auf der Konferenz präsentieren. Sie haben es nämlich geschafft, ein Team aus hervorragenden Reviewern mit ihrer Arbeit zu überzeugen, denen ich an dieser Stelle unseren Dank für Ihre Unterstützung aussprechen möchte. Natürlich haben wir auch auf dieser Konferenz den Young Investigator Award, den Dietrich-Harder-Masterarbeitspreis und einige Posterpreise zu verleihen.  

Eric Beckers:  Für meinen Arbeitsbereich ist dies der Punkt der „Stereotaktischen Kette“. Hierzu wird es einige Vorträge geben. 

Andreas Bitz: Zum einen möchte ich auf die Plenarvorträge von Prof. Knoll und Prof. Thorwarth am ersten Tagungstag hinweisen, die über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz unter anderem in der Bildrekonstruktion sowie über MR-geführte Strahlentherapie sprechen werden. Das sind hochaktuelle und im Sinne unserer gemeinsamen Tagung übergreifende Themen.  

Des Weiteren werden ebenfalls am ersten Tag die für den Gorter-Preis der DS-ISMRM nominierten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der biomedizinischen Magnetresonanz vorstellen.  

Welche weiteren Highlights erwarten Sie? Was liegt Ihnen besonders am Herzen? 

Eric Beckers:  Kontakte! Sich Wiedersehen! Zusammenarbeiten und sich endlich wieder an einem Ort treffen. Der Austausch mit Kollegen hat mich in meinem Berufsleben immer am Weitesten gebracht. 

Andreas Bitz: Wie meinem Vorredner liegt mir die Diskussion über Fachthemen im persönlichen Kontakt mit unseren Mitgliedern besonders am Herzen. Darauf haben insbesondere unsere studentischen Mitglieder (Promovierende, Studierende) über einen längeren Zeitraum verzichten müssen. Für diese ist der fachliche Austausch und der Aufbau von Kontakten entscheidend für die wissenschaftliche und berufliche Zukunft.  

Uwe Heinrichs: Den Antworten meiner Vorredner habe ich nur hinzuzufügen, dass wir in diesem Jahr wieder etwas Rahmenprogramm in Form von Stadtführungen und einer Bierführung anbieten, eben um das Zusammensein wirklich wieder aufleben zu lassen. Ich möchte die Teilnehmer aber auch ermuntern, die Zeit außerhalb des Tagungsprogrammes zu nutzen, um die geschichtsträchtige Altstadt in Aachen zu erkunden und eventuell auch an einer der angebotenen Führungen teilzunehmen.