X- K L U S I V Perfekter Match Im Frühjahr 2021 wurde Mint Medical von Brainlab übernommen. Im Gespräch mit Guido Gebhardt erklärt Stefan Vilsmeier, Gründer und Vorstands- vorsitzender von Brainlab, weshalb das innovative Unternehmen, das mit Struk- turierten Befunden bemerkenswerte Erfolge erzielt hat, für ihn so attraktiv ist. þ Herr Vilsmeier, weshalb passt Mint Medical so gut zu Brainlab? Dazu muss ich etwas weiter ausho- len. In der Strahlentherapie ist es oft schwierig, die Dosiswerte miteinander zu vergleichen, da nicht genau doku- mentiert wird, welcher Teil des Tumors wieviel Dosis abbekommen hat. Im deutschen Krebsregister wird bei der Bestrahlung beispielsweise nur erfasst, ob die zu behandelnde Person mit einer Strahlentherapie behandelt worden ist, in wie vielen Sitzungen sie welche Dosis abbekommen hat und ob kleine, mittlere oder große Komplikationen aufgetreten sind. Seit einiger Zeit sind wir dabei, ein Patient:innen-Register aufzubauen, das deutlich mehr Parameter erfasst. Es wird darin genau dokumentiert, welcher Teil des Tumors welche Dosis abbekommt. Damit haben wir Daten in einer Fein- heit entwickelt, die dazu beitragen, die Bestrahlungsdosis zu optimieren. Unsere Datensammlung gibt uns sehr viel mehr Möglichkeiten, Therapien zu personalisieren. Die große Herausfor- derung der Zukunft ist, für jede Patientin oder Patienten die perfekte Dosis zu finden. In unseren Registern haben wir schon immer das Follow-up erfasst und relativ mühsam händisch den Verlauf quantifiziert: Aber nicht mit allen dazu relevanten Nebendiagnosen und nicht so, wie Radiolog:innen denken. Als wir feststellten, dass oft bereits die Eingangsdaten lückenhaft sind, haben wir uns gedacht, wir brauchen einen vernünftigen, digital strukturierten, stan- dardisierten Radiologiereport. Mit Mint Medical haben wir ein Unternehmen gefunden, das genau diese Strukturier- ten Befunde mit komplexen Auswertun- gen anbietet. Das Interessante daran ist, dass die klinischen Onkolog:innen gar nicht unbedingt Bilder ansehen wollen, sondern ihre Entscheidung oftmals basie- rend auf Strukturierten Berichten treffen. Zahlreiche Studien zeigen, dass ohne Struktur im Befund wesentliche Ele- mente fehlen, die für die Therapie relevant sind. Nachdem die Zeiten für Follow-ups immer kürzer werden, sind die Unterschiede von einem Scan zum andern immer geringer. Heute kann man diese subtilen Änderungen fast nur noch mit digitalen Metho- den objektiv beurteilen, um exakt zu quantifizieren und zu entscheiden, ab welchem Zeitpunkt der Tumor wieder gewachsen ist. þ Inwiefern profitiert Brainlab vom Mint Medical Know-how? Die vorher beschriebene Kopplung von Befund und Bild ist besonders für die nachgelagerte Auswertung relevant. Da kommt jetzt Brainlab ins Spiel und das ist natürlich eine interessante Syn- ergie. Wir arbeiten an einem digitalen Patient:innenmodell, das die Anatomie erkennt und semantisch versteht. Diese Erkenntnis können wir einsetzen, um viele Klicks für die Befundlokalisa- tion einzusparen. Wenn ich heute Lun- gen befunde, muss ich erst mal den Tumor einzeichnen oder anklicken, in welcher Region der Tumor in der Lunge liegt. Noch in diesem Jahr werden wir einen Prototypen vorstellen, mit dem das deutlich schneller geht. Indem wir nun die Kompetenzen von Brainlab, das semantische Verständnis der Anatomie, und Mint Medical, mit der strukturierten Analyse von Bildern, bün- deln, ist eine Lösung entstanden, die die Anatomie selbstständig erkennt. R ADIOLOGIE MAGAZIN · 2-2022 19