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KI und der Einsatz in der Radiologie ist seit einigen Jahren in aller Munde. Das Thema wird auf Konferenzen besprochen und im Kolleg:innenkreis diskutiert. Man kann sagen: Es handelt sich um eines der wichtigsten Zukunftsthemen. Doch einige sehen den Einsatz auch kritisch und zweifeln, ob der Nutzen die Kosten beziehungsweise den Aufwand rechtfertigt. Nun erörtert erstmalig eine Studie den Einsatz und die Einstellung im deutschsprachigen Raum.

Die von mediaire in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Dialego durchgeführte Nutzungsstudie1 hat im Zeitraum von April bis Juni 2022 über 100 Radiolog:innen im deutschsprachigen Raum bezüglich der Nutzung und ihrer Einstellung zum Einsatz von KI in der Radiologie befragt. Dabei haben mit über 45 Prozent beinahe die Hälfte der Teilnehmer:innen angegeben, bereits KI-Tools zu nutzen. Von denen, die bisher noch keine entsprechende Software im Einsatz haben, können sich 98 Prozent prinzipiell eine Nutzung vorstellen. Unter den Nutzer:innen sind Befundung und Bildakquise die häufigsten Einsatzbereiche. Andere Anwendungsbereiche spielen eine eher untergeordnete Rolle. Als Gründe für die Nutzung im Rahmen der Befundung werden in erster Linie folgende Kriterien genannt: 

  • Die Software unterstützt bei der Befundung und dient als Qualitätskontrolle für eigene Befunde. 
  • Die Software kann dabei helfen, krankhafte Veränderungen nicht zu übersehen. 
  • Die Arbeitszeit kann verkürzt und die Effizienz verbessert werden.
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Einsatzgebiet und Indikation sind entscheidend 

Der qualitative Mehrwert wird besonders in Bereichen deutlich, wo traditionell eine hohe Interrater-Variabilität zu beobachten ist, wie zum Beispiel bei der Beurteilung einer Hirnatrophie. Hier kann ein gutes KI-Tool mit präziser Volumetrie, zusammen mit einem robusten Normalmodell, Befunde sehr gut objektivieren. Auch können (neuro)degenerative Erkrankungen im Zeitverlauf eher detektiert werden, als es das menschliche Auge vermag. Ähnliches gilt für die Schlaganfalldiagnostik. In anderen Bereichen ist die menschliche Leistungsfähigkeit zwar prinzipiell gut genug, braucht aber viel Zeit, um aufwendige Aufgaben zu bewältigen. Das wird zum Beispiel bei der Vermessung von Hirntumoren oder beim Zählen und Vermessen von MS-Läsionen deutlich. Vigilanzschwankungen und heterogener Ausbildungsstand lassen das menschliche Auge zuweilen auch Befunde übersehen – mit allen Konsequenzen. Denken wir nur mal an die Erkennung von Lungenrundherden, die Mamma-Diagnostik oder auch die Detektion von Aneurysmen.

Es ist nicht alles Gold was glänzt 

Obwohl 30 Prozent der Befragten bereits KI für die Befundung nutzen und sich 63 Prozent der Nichtnutzer:innen den Einsatz von KI bei der Befundung generell vorstellen können, zeigt sich bei vielen Teilnehmer:innen auch noch eine gewisse Skepsis. Insbesondere das Preis-Leistungs-Verhältnis wird von vielen kritisch bewertet. Aber auch die Praxistauglichkeit der Tools, fehlende Unterstützung von IT-Seite oder fehlendes Vertrauen in die Reportqualität werden häufig als Barrieren genannt.

Fehlende Erfahrungen als zusätzliche Barriere

Eine interessante Erkenntnis der Studie ist zudem, dass Nichtnutzer:innen bisher die Vorteile der Technologie noch nicht für sich und ihren Arbeitsalltag erkannt haben. Diese Beobachtung ist bei genauer Betrachtung wenig verwunderlich und ist auch in anderen Bereichen, denen starke technologische Veränderungen bevorstehen, zu beobachten. Ein Beispiel ist das autonome Fahren, wo ebenfalls die Skepsis unter denjenigen am höchsten ist, welche bis dato wenig, bis überhaupt keine Erfahrungen mit entsprechenden Fahrzeugen machen konnten. Dort konnte eindeutig beobachtet werden, dass sobald die Technologie im Alltag präsent und die Vorteile erlebbar werden, die Skepsis rapide abnimmt2. Schwieriger wird es, wenn bereits negative Vorerfahrungen vorhanden sind. Wurde zum Beispiel einmal die Erfahrung gemacht, dass ein Software gestützter Befund fehlerhaft war, ist es ungleich schwieriger die Person davon zu überzeugen, dass man der Technologie vertrauen kann.

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Die Industrie muss Vertrauen schaffen

Insgesamt zeigen sowohl die Studie von mediaire als auch weitere Marktbeobachtungen deutlich, dass durchaus Wohlwollen und Interesse bezüglich KI-Tools in der Radiologie vorhanden sind. Es wird aber auch deutlich, dass obwohl hier in den letzten Jahren schon viel passiert ist, insbesondere die Hersteller noch viel stärker als bisher den Beweis antreten müssen, dass ihre Lösungen echten Mehrwert im radiologischen Alltag bringen. Dazu gehört auch, klar zu kommunizieren, was die Tools bereits können und was nicht, sowie in welchem Kontext der Einsatz wirklich sinnvoll ist. Preisstrategien, die es sowohl Kliniken als auch ambulanten Zentren ermöglichen, die Technologie zumindest kostendeckend einzusetzen, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Hier scheint eine Amortisierung über Effizienzsteigerung ein vielversprechender Weg zu sein.

Auch Radiolog:innen können etwas tun

Es ist jedoch ebenso wichtig zu betonen, dass die Industrie diesen wichtigen Schritt nicht alleine gehen kann. Nur wenn Unternehmen und Radiolog:innen noch mehr auf Augenhöhe kooperieren und weiter gemeinsam an Studien, Ringversuchen und Workflowoptimierung arbeiten, können die Tools noch besser und praxistauglicher werden. Dazu gehört eine gewisse Offenheit auf beiden Seiten. Wie die mediaire-Studie zeigt, erkennen viele den Mehrwert eines Werkzeugs erst dann, wenn es im eigenen Arbeitsalltag erprobt wurde. Deshalb sollten Radiolog:innen selbst aktiv werden und sich stärker als bisher in den Prozess einbringen, KI-Werkzeuge testen und mitgestalten, damit ihre Bedürfnisse bestmöglich abgebildet werden können.

www.mediaire.de

KI-Nutzungsstudie