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CT-Symposium Garmisch – ein Kommentar

By 29. Januar 2018März 14th, 2018No Comments

Vom 17. bis 20. Januar 2018 fand in Garmisch-Partenkirchen das 10. Internationale CT-Symposium statt. Im Rhythmus  von zwei Jahren geht es in der Eröffnungsveranstaltung um zukünftige technische Möglichkeiten und eine Vorschau auf die Computertomographie der Zukunft. Doch allem voran stand die Stabübergabe von Prof. Maximilian Reiser an den neuen Leiter der Radiologie im Universitätsklinikum Großhadern: Prof. Jens Ricke.

Aber von hinten nach vorne: Bevor Prof. Ricke mit seinem Vortrag ,Zukunft der radiologischen Response-Kriterien in Zeiten der Liquid Biopsie’ begeisterte, waren eineinhalb Stunden CT-Technik angesagt, die einem nicht nur einmal die Stirn runzeln ließen. Nicht weil es nichts Neues zu berichten gab, sondern weil für alle Referenten die Computertomographie scheinbar ausschließlich in Erlangen stattfindet: Germany first. Als würde es links und rechts nichts geben. Schade!

Dabei wären die Themen interessant gewesen, wie die Titel vermuten ließen: ,Liegt die Zukunft der CT in der Software?’ oder ,Multienergy-CT und photonzählende Detektoren’ und ‚Virtuelle monoenergetische Dual-Energy-CT‘.

Wie wir alle inzwischen wissen, wird Künstliche Intelligenz aus unserem zukünftigen Leben nicht mehr wegzudenken sein. Auch wenn das Thema noch nicht so richtig Einzug in die Radiologie gefunden hat. Sie wird das Fachgebiet dramatisch verändern. Selbstlernende Algorithmen finden automatisiert Läsionen. Außerdem können innerhalb von Millisekunden Datenbanken durchforstet werden, wozu ein Radiologe ein halbes Leben lang bräuchte. Doch kein Wort davon hörte man im Vortrag von Prof. Mathias Prokop. Stattdessen gab es Floskeln wie: Die CT hat ,Technische Limits erreicht’ und die CT ist eine ,ausgereifte Technologie’. Zum Glück gibt es Physiker und Ingenieure, wie einst Prof. Kalender, die anderer Meinung sind und den technischen Fortschritt immer weiter vorantreiben.

Ähnlich sieht es laut Prof. Marc Kachelrieß, Leiter der Division of X-Ray Imaging and Computed Tomography im DKFZ, bei den zukünftig zu erwartenden Photon-Counting-Detektoren aus. Allem Anschein nach: Ein Hersteller – zwei Prototypen. Bei der Technologie, die Sectra bereits vor etwa 10 Jahren in der Mammographie einsetzte, wird Röntgenstrahlung nicht erst in einem Szintillator in Licht verwandelt, um anschließend mit Halbleitern die Lichtblitze zu zählen. Im Photon-Counting-Detektor werden im Detektormaterial entstehende Ladungsträger von einer anliegenden Spannung abgesaugt und als Bildsignal aufgenommen. Das hat zwei Vorteile: Zum einen kann die Absaugung mit einer Auflösung geschehen, die bisherige Systeme bei weitem übertrifft. Zum anderen ist man in der Lage, das Rauschen durch Anlegen einer weiteren Spannung zu eliminieren – ähnlich dem Squelch bei Funkgeräten. Photon-Counting verspricht höhere Auflösung bei einem besseren Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Also doch noch was Neues bei der Hardware!

Für etwas Herstellerunabhängigkeit sorgte zum Glück Dr. Julian Wichmann von der Uniklinik Frankfurt, der in seinem Vortrag über die ,Virtuelle monoenergetische Dual-Energy-CT’ die Zuhörer endlich mal aufklärte, dass es weitere Hersteller gibt, die jeweils unterschiedliche Dual-Energy-Technologien verfolgen. Scheinbar eignen sich auch diese Systeme, Dual-Energy-Spektren für zusätzlichen Informationsgewinn einzusetzen. Doch danach auch hier: Germany first; ein System – zwei Röhren.

Der Vollständigkeit halber:

  • GE Healthcare setzt auf kV-Switching. Während des Scans schaltet der Generator zwischen 80 und 140 kV hin und her.
  • Philips verwendet einen Dual-Layer-Detektor. Zwei hintereinander liegende Detektorschichten zeichnen bei jedem Scan mit einer Energie unterschiedliche Spektren auf.
  • Canon fährt nacheinander zwei Scans mit unterschiedlicher kV-Zahl.

Zusammengefasst:

  • Siemens verwendet zwei Röhren mit jeweils einem 4 cm Detektor und großem Pitch.
  • GE, Philips und Canon verfügen über Detektoren mit einer Breite von 16 cm. Hirn und Herz gehen hier ohne Tischvorschub.

Wäre es nicht wissenschaftlich sinnvoll, in einem Institut – oder gar universitätsübergreifend, mal unterschiedliche Technologien zu vergleichen? Oder sind unsere Unis über Drittmittelforschung derart an einzelne Hersteller gebunden, dass das nicht möglich ist? Wo bleibt die Unabhängigkeit, wo die Transparenz? Ist das Wissenschaft?

Einzig wirkliches Highlight: Professor Rickes Vortrag ,Zukunft der radiologischen Response-Kriterien in Zeiten der Liquid Biopsy’ in dem er die Götterdämmerung der morphologischen Bildgebung erwartet und die fast schon tradierten Größenkriterien von Läsionen als Maß des Therapieansprechens infrage stellt. Außerdem fordert er seine Kollegen auf, mal darüber nachzudenken, was eigentlich den ganzen Tag so getan wird. Dazu zählen Fragen wie: Reichen im Rahmen von Immuntherapie und Pseudoprogression die klinischen Angaben, um die Baseline zu erkennen und den Therapieverlauf zu verstehen? Die Zukunft der Radiologie steckt für ihn in der Kreativität und der Entwicklung neuer Techniken.

Obwohl Prof. Willi Kalender mit dem Gary-Glazer-Preis ausgezeichnet wurde, war sein Vortrag zum Thema CT 2020 eigentlich obsolet. CT 2020 sollte mehr sein als der eigene kalendersche Mammo-CT.

Die Technik der radiologischen CT-Bildgebung ist und bleibt faszinierend. Hard- und Software bieten weiterhin ausreichend Luft für neue Entwicklungen. Bei allem Potenzial, das die künstliche Intelligenz bietet, kann jedoch heute noch niemand voraussagen, wie die weitere Entwicklung verläuft. Und wer kann schon sicher behaupten, dass das Konzept rotierender Röhren und Detektoren in einer Gantry nicht bald überholt ist?

Nach dem Symposium ist vor dem Symposium. Und ich glaube ich bin nicht der einzige, der sich schon auf die nächste Veranstaltung in 2020 freut!

Das Symposium bestand ja nicht nur aus der Eröffnungsveranstaltung. Doch im Rest ging es um die Medizin. Als Physikingenieur habe ich mich auf die Berichterstattung zur Technik spezialisiert. Und ausschließlich darum geht es bei Radiologie Magazin. Kommentare zu den wissenschaftlichen Vorträgen überlasse ich anderen, die mehr davon verstehen. Doch für die Zuhörer wünsche ich mir zukünftig mehr Wissenschaft und mehr Transparenz, wenn es um die Technik geht.

Guido Gebhardt

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